Je mehr unser Verstand zu einem „Computer-Intellekt“ wird, desto schwieriger wird es, Atmosphären wahrzunehmen, die mit den Jahreszeiten und den Jahresfesten zusammenhängen. Dieser Intellekt sorgt dafür, dass die durch die Veränderungen im Jahresverlauf hervorgerufenen Gemütsbewegungen im hellen Tageslicht nicht mehr erlebt werden. Tagsüber gibt es die leuchtenden Farben, nachts die Dunkelheit. So einfach ist das. Und im Sommer ist es lange hell, im Winter wird es früh dunkel. Außerdem eilt der Mensch durch sein Leben, um rechtzeitig für all die Dinge da zu sein, die das Leben ausfüllen.
Die Nächte sind zwar noch nicht heilig, aber sie kommen, es ist die Adventszeit. Es wäre sehr gut, wenn wir die Metamorphose in den Stimmungen spüren könnten, die unter der direkten Oberfläche zu spüren sind. Der romantisierende Dichter Novalis kann dabei helfen, wenn er in seinem Gedicht „Hymnen an die Nacht“ eine Ode an die magische Wirkung der Nacht bringt. Hier sind einige seiner Worte:
„Abwärts wend' ich mich zu der heiligen, unaussprechlichen, geheimnißvollen Nacht. Fernab liegt die Welt — in eine tiefe Gruft versenkt — wüst und einsam ist ihre Stelle. In den Saiten der Brust weht tiefe Wehmut. In Tautropfen will ich hinuntersinken und mit der Asche mich vermischen. — Fernen der Erinnerung, Wünsche der Jugend, der Kindheit Träume, des ganzen langen Lebens kurze Freuden und vergebliche Hoffnungen kommen in grauen Kleidern, wie Abendnebel nach der Sonne Untergang. In andern Räumen schlug die lustigen Gezelte das Licht auf. Sollte es nie zu seinen Kindern wiederkommen, die mit der Unschuld Glauben seiner harren?“
Adventszeit Von Mieke Mosmuller