In Bern habe ich am Palmsonntag mittags einen Vortrag mit anschließender Übung über das Thema „bedrohte Menschlichkeit“ gehalten. In der Ankündigung stand die Frage, was die weltweiten Konflikte mit uns zu tun haben und was sie individuell von uns erfordern.
Am Palmsonntag gedenken wir, wie Jesus noch einmal als ein König begrüßt wird, und es scheint eine Möglichkeit zu geben, dass seine Aufgabe ein äußerer Erfolg wird.
Aber das ist nicht sein wirklicher Wille. Dieser Wille vollzieht sich in der Karwoche mit dem Tiefpunkt des Karfreitag und dem Höhepunkt seiner Auferstehung am Ostersonntag. Das ist ein Vorbild für das, was von dem individuellen Menschen erwartet wird – es ist nicht der Protestmarsch oder die Revolution, es ist die innere Entwicklung.
Eine innere Entwicklung scheint ein rein im Inneren abgesonderter Prozess zu sein, was könnte dies in der Welt bewirken? Doch diese Auffassung hat mit der materialistischen Sicht auf den Menschen zu tun, in der der Mensch als ein abgetrenntes Ding betrachtet wird, das wirkungslos ist, solange es nicht äußerlich sichtbar aktiv ist – wie ein Stein als ein totes Ding liegen bleibt, wirkungslos, außer wenn er in Bewegung gebracht wird.
Von diesem äußerlichen Gesichtspunkt aus sieht man nicht, dass bereits der Lebensleib – der für Wachstum und Leben sorgt – viel weniger von der großen Welt der Lebensprozesse und von den anderen Menschen getrennt existiert. Die Seele ist sogar eine ganz und gar nicht in sich
geschlossene Erlebenswelt, was hier geschieht, erstreckt sich in seiner Wirkung in das ganze Seelengebiet.
Von dieser Sichtweise ausgehend kann man mit viel Vertrauen anfangen, innerlich aktiv zu werden.
Dann kommt es darauf an, dass man als Mensch an der Menschheitsentwicklung anknüpft, wie sie in unserer Zeit ist. Wir leben in unserem bewussten Denken ohne Wahrnehmung des Göttlich-Geistigen.
Dadurch sind wir imstande, auch all das zu tun, was Gott verboten hat.
Wenn wir ihn sehen würden, würden wir uns sehr wohl hüten. Wir sind freie Menschen, die tun und lassen können, was sie selbst als richtig einsehen.
Das menschliche Denken ist nun ein ebensowenig wirkungslos materiell ablaufendes Programm, es hat in seinem Grunde sehr wohl Leben in sich, und dieses Leben ist die Kraft der Wahrheit, die das Denken führt, wenn es sich rein in Tatsachen und Begriffen bewegen würde. Dann würde es aus
sich selbst heraus jeweils die richtigen Formen annehmen und dem Menschen die wahren Verhältnisse zwischen den Tatsachen zeigen.
Im letzten Jahr habe ich ein Buch geschrieben, das den Weg zu diesem lebendigen Denken zu zeigen, zu beschreiben versucht. Es ist soeben in niederländischer und deutscher Sprache erschienen.
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