In diesem Psalm aus dem Psalmbuch von Mani können wir eine konzentrierte Sichtweise auf den Manichäismus finden.
,Die Texte stammen aus einer großen Anzahl von Quellen. Ursprünglich existierten sicher viele Texte auf Lateinisch und Griechisch, aber während der Verfolgung der Bewegung im Westen sind die meisten dieser Texte verlorengegangen. (Die wichtigste Ausnahme ist der Kölner Mani-Codex auf Griechisch, gefunden 1969). Der größte Teil der Texte, die übriggeblieben sind, sind in verschiedenen wenig studierten alten Sprachen geschrieben. Diese zeigen das ausgedehnte geografische Gebiet, das von der Mission des Propheten Mani beeinflusst worden ist.’(Aus: The gnostic society library).'Der Geist der Wahrheit kam und trennte uns los vom Wahn der Welt.
Er brachte uns einen Spiegel.
Hineinblickend sehen wir darin das All.
Er zeigt uns, dass es zwei Ordnungen gibt:
Die Ordnung des Lichts und die Ordnung der Finsternis.
Die Lichtordnung durchdringt die Ordnung der Finsternis.
Gleichwohl ist die dunkle von der lichten seit Anfang an getrennt.
Das Königreich des Lichts
Besteht aus fünf großen Ansichten.
Darin lebt der Vater mit seinen zwölf Äonen
Und dem Äon der Äonen, dem Dreizehnten.
Das ist der lebendige Äther, das Land des Lichts.
Der Urgeist atmet in allen
Und nährt sie mit seinem Licht.
Das Königreich der Finsternis
Besteht ebenfalls aus fünf Gebieten.
Sie sind erfüllt von Rauch,
finsterer Feuerglut, Sturm, Dunkelheit und trübem Wasser.
Der Herrscher, der dort umherschleicht,
macht sie lebendig und hetzt sie auf,
gegeneinander Krieg zu führen.
Als sie in ihrem Wahn einen Anschlag
Auf das Land des Lichts wagten, wussten sie nicht,
dass dies auf sie selbst zurückfallen würde.
Denn es gibt eine Fülle von Engeln im Land des Lichts,
die die Macht haben, nach außen zu treten,
um den Feind des Vaters zu besiegen.
Voller Freude war der Vater,
dass durch sein ausgesandtes Wort
die anmaßenden Rebellen besiegt werden konnten.
Es erging ihm wie einem Schäfer,
der einen Leben herankommen sieht,
um seine Schafherde zu vernichten:
Weise gibt er ein Lamm als Lockmittel preis,
damit der Löwe es fangen soll,
und so rettet er die ganze Herde durch ein einziges Lamm.
Danach heilt er auch das Lamm, das vom Löwen verwundet wurde.
So auch die Natur des Vaters, der seinen starken Sohn sendet:
Aus sich selbst bringt er die Licht-Seele hervor,
die, mit fünf Kräften versehen,
gegen die fünf Abgründe der Finsternis kämpft.
An den Grenzen des Lichtlandes zeigt der Wächter ihnen
die ,reine Jungfrau’, seine Seele.
Darauf erheben sie sich in ihren Abgründen,
und mit aufgerissenem Maul wollen sie die Seele verschlingen.
Doch die Sonne hält die Zügel der Seele in der Hand.
Sie breitet sie über sie aus wie ein Netz über die Fische.
Sie lässt sie gleich Wolken gereinigten Wassers auf sie niederregnen.
Wie plötzliche Blitze wirft sie die Seele mitten unter sie.
Dann kriecht diese in ihre Eingeweide und bindet sie alle.
Sie selbst wissen es jedoch nicht.
Als der ,Erste Manas’, der Urmensch, seinen Kampf geführt hatte,
sandte der Vater seinen zweiten Sohn.
Dieser half seinem Bruder aus dem Abgrund empor.
Er brachte Ordnung in diese Welt, in der die Finsternis
nun mit Licht gemischt war.
Er verteilte die Kräfte des Abgrundes
über acht Erdschichten und zehn Äthersphären.
Er verschloss sie in diese Welt und machte daraus ein Gefängnis
für alle Mächte der Finsternis.
Dennoch ist sie zur selben Zeit ein Ort zur Reinigung der Seele,
der ,Jungfrau’, die darin aufgenommen wurde.
Er erschuf Sonne und Mond und versetzte sie in die Höhe,
um damit die Seele zu reinigen.
Täglich zogen Sonne und Mond das gereinigte Seelenelement empor.
Den Bodensatz speien sie aus. Die noch vermischten Teile
schicken sie in einer Kreisbewegung auf und nieder.
Diese Welt dauert nur eine bestimmte Zeit.
Außerhalb dieser Welt wird jedoch
ein großes Bauwerk errichtet.
Sobald die Baumeister ihr Werk vollbracht haben,
wird diese ganze Welt aufgelöst und in Brand gesteckt
und wird durch das Feuer geschmolzen werden.
Der Vater wird alles Leben, wo es sich auch befindet,
in den Rest des Lichtes sammeln
und daraus ein Ebenbild erschaffen.
Auch der Fürst des Todes, die Macht der Finsternis,
wird alles versammeln, was ihm gleich ist,
und ein Ebenbild seiner selbst und der Archonten erschaffen.
In einem weltentscheidenden Augenblick
wird der lebendige Geist herniederfahren
und die versammelten Lichtseelen alle zusammen emporziehen.
Er wird die Mächte der Finsternis
in das Gebiet einschließen, das hierfür geschaffen ist,
sodass sie für immer gefesselt und gebunden sein werden.
Anstelle der sich auflösenden materiellen Welt
Wird ein neuer Äon aufgerichtet werden,
in dem die Kräfte des Lichtes herrschen können
und den Willen des Vaters in Vollkommenheit erfüllen.
Sie werden die Macht des Bösen unterwerfen,
bis der Sieg erreicht sein wird.
Dies ist das Wissen Manis.
Lasst uns ihn segnen und ehren.
Gesegnet ist, wer ihm Vertrauen schenkt,
denn er wird mit den Gerechten leben.
Glorie und Segen dem Geist der Wahrheit,
der dem Vater entstammt und uns offenbart
Anfang, Mitte und Ende.
In der nächsten Woche werde ich Rudolf Steiners Sicht auf den Manichäismus geben.
Das Gute und das Böse im Manichäismus Von Mieke Mosmuller