Der Baum der Erkenntnis - Unsere Wanderung fort vom Garten Eden
Von
Mieke Mosmuller
24-02-2016
4 Kommentare
In alten Zeiten beschrieb Pythagoras das Klingen des Kosmos als eine ‚Harmonie der Sphären‘, er hat dies in Bezug auf die Lehre der Zahlen, die seiner Einsicht nach dem ,Bau‘ des Kosmos zugrunde liegt. Er erlebte Gott als einen Meister in der Arithmetik und Geometrie. Johann Sebastian Bach wurde ein Meister-Komponist, er legte die Grundlage für eine bestimmte Harmonie-Technik, die er schließlich in seiner Kunst der Fuge ausarbeitete. Wir können – mit gutem Willen – darin eine abstrakte, hörbare Sphärenharmonie erleben. Später, als die Qualitäten des Komponierens mehr und mehr von inspirierter Phantasie geleitet wurden und die Strenge der Form etwas verlassen wurde, komponierte Richard Strauss einen kosmischen Klang, das Aufgehen der Sonne. Natürlich klingt auch dies noch lange nicht so, wie die Sonne in den kosmischen Sphären erklingt, aber es ist eine Inspiration eines Künstlers. In Worten wurde dies von Goethe im Faust I in dem ,Prolog im Himmel‘ ausgedrückt: Raphael Die Sonne tönt, nach alter Weise, In Brudersphären Wettgesang, Und ihre vorgeschriebne Reise Vollendet sie mit Donnergang. Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke, Wenn keiner sie ergründen mag; die unbegreiflich hohen Werke Sind herrlich wie am ersten Tag.
Und Richard Strauss in seinem 'Sonnenaufgang':
Dann kam unsere technische Epoche. Computer können so programmiert werden, dass sie Wellen in Geräusche umformen, wobei mit einem sicheren Maß an Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht werden kann, dass diese hörbar gemachten Geräusche auch wirklich so klingen. Was Geräusche im Kosmos betrifft, ist dies mit unseren Ohren natürlich nicht zu verifizieren.
Ich will nicht sagen, dass ich dieses technisch-wissenschaftliche Geschehen nicht interessant finde oder dass ich es nicht ernst nehme. Dennoch finde ich, dass wir nüchtern nachdenken müssen und dann wissen, dass das letztlich vom Computer produzierte Geräusch durch eine fast unendliche Zahl von Schritten der Transformation gegangen ist – und auch, dass man nun einmal hört, was die eigenen Sinne an Möglichkeiten geben. Es könnte also sehr gut möglich sein, dass das menschliche Ohr etwas sehr anderes hören würde, als das, was der Computer zu Gehör bringt. Weil das menschliche Ohr ein physikalisch und physiologisch perfekter und lebendiger ,Apparat‘ ist, der von der Wissenschaft noch lange nicht nachgeahmt werden kann, muss man die Nüchternheit bewahren und zugeben, dass derartige Geräusche aus einer Entfernung von Billionen Lichtjahren, die durch die Technik zu einem hörbaren Geräusch transformiert wurden, mit einem lebendigen Ohr gehört zweifellos eine ganz andere Qualität haben würden – ungeachtet der Tatsache, dass da ein Geräusch hörbar ist.
Es scheint mir, dass der Kosmos ein riesiges Smartphone ist, das einen Bericht von irgendwo außerhalb empfängt und dies durch ein ,ping‘ mitteilt…
Ich zitiere aus einem aufsehenerregenden Artikel in der The New York Times vom 12.Februar 2016: ‚Ein Team von Wissenschaftlern gab am Donnerstag bekannt, dass sie das Geräusch von zwei schwarzen Löchern gehört und aufgenommen haben, die in einer Entfernung von einer Milliarde Lichtjahre miteinander kollidierten, ein flüchtiges Geräusch, das die letzte Vorhersage von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie erfüllt.
Das schwach,ansteigende Ton, sagen Physiker, ist der erste direkte Nachweis von Gravitationswellen, den Wellen im Gefüge der Raum-Zeit, das Einsteinvor einem Jahrhundert vorhergesagt hat. Er vollendet seine Vision eines Universums, in dem Raum und Zeit miteinander verwoben und dynamischsind, fähig, sich auszudehnen, zu schrumpfen und zu ,wackeln‘. Und es ist ein Klingeln, das die Natur von Schwarzen Löchern bestätigt, den bodenlosen Gravitationslöchern, aus denen nicht einmal Licht entweichen kann, die der am meisten vorhergesagte (und unerwünschteste) Teil seiner Theorie waren.
Allgemeiner bedeutet dies, dass ein Jahrhundert, nachdem Einstein dies auf dem Papier entwickelte – nach einem Jahrhundert der Innovation, der Versuche, Fragestellungen und harter Arbeit –, Wissenschaftler endlich in die tiefsten Bereiche der physikalischen Realität vorgedrungen sind, wo die eigenartigsten und wildesten Implikationen von Einsteins Universum offenbar werden.‘
Jemand, der das Denken kennt, nicht nur als ein Gedankenproduzent, sondern als ein willenskräftiges Feld von Wirkungen, der erkennt in der Beschreibung des dynamischen Kosmos diese wahre Natur des menschlichen Denkens wieder: Raum und Zeit vermischen sich miteinander, der Raum wird Zeit, und die Zeit wird Raum, es wird ein dynamisches Ganzes, sich ausbreitend, sich wieder zusammenziehend und sanft wogend sich bewegend…
Der Makrokosmos findet seine Repräsentation im Menschen als Mikrokosmos. Die kosmischen Gedanken werden in den menschlichen repräsentiert – zwar nicht im Inhalt des Denkens, aber in der lebendigen Aktivität des Denkens – in der Raum und Zeit ineinander verwoben sind, dynamisch, imstande zu Ausbreitung und Zusammenziehung und zu einer sanft wogenden Bewegung…
Ein schwarzes Loch
1 http://www.nytimes.com/2016/02/12/science/ligo-gravitational-waves-black-holes-einstein.html?_r=0Der Baum der Erkenntnis - Unsere Wanderung fort vom Garten Eden Von Mieke Mosmuller
Kommentare
Von
Gerheart Bandorf
@
Danke für das Blog!
In Abwandlung von Goethe:
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er Geräte schnarren hört,
Es müsse sich darin ein Wort als Schicksalspfand vernehmen lassen.
_________________
Das was Zeit genannt wird, ist ja nichts anderes als eine Art projizierter Kunstgriff, so, wie es die Anwendung perspektivischen Konstruktion in einem Gemälde ist, welche die Illusion der Tiefe in der Zweidimensionalität hervorbringt. Die Gesamtheit des Tatens erscheint als Zeiten-Plan für das leibgebundene Denken. Im reinen, leibfreien Denken ist Zeit tätiges Wahrnehmen der Tätigkeit der Wahrnehmung(en). Und was den Raum betrifft, so ist er das gleichzeitige und nebeneinander Sein von Geistwesen, welches sich dem leibgebundenen Denken als ein physisches sich Ausbreiten darstellt, ganz gemäß dem, was der Mensch ja selbst ist: strebendes Entwickeln-wollen. Wen wundert es, daß man darauf kommt, Gravitationswellen zu entdecken?- denn wie soll sich der materialistische Mensch auch sonst seine als aufrecht empfundene Organisation (welche durch die Wirbelsäule als zentrale Statik repräsentiert ist) erklärlich machen, wenn er dazu nicht das Bild der Gravitationswelle erfindet. Es liegt ja vollkommen in der Entwicklung begründet, wenn auch unbewußt, mehr und mehr seines eigenen Wesens, hin in ein physikalisch-astronomisches Außerhalbiges projizierend zu externalisieren, um sich immer detaillierter als Wahrnehmender spiegeln zu können.
Die "unendliche Zahl von Schritten der Transformation", liebe Mieke, hat mich auch schon sehr lang beschäftigt. Es war dann sehr interessant, zu erfahren, dass es diesen errechneten Planetentönen noch andere gibt, die von der Archäologin Kathleen Schlesinger - ich glaube zu Rudolf Steiners Zeit - gefunden wurden aufgrund einer Flöte aus der pythagoräischen Zeit, die in diesen Tönen gestimmt war. Hast Du davon schon gehört? Jemand hat Stimmgabeln hergestellt auf dieser Basis, die ich kenne und auch habe. Sie klingen wirklich sehr besonders (auf A= 432 Hz gestimmt) in ihrer Abweichung von der wohltemperierten Stimmung. Das ist mit den Ohren hörbar - mit den physischen und mit den "Seelenohren".
Von
Bevis Stevens
@
Margareta Bannmann: Schön von jemand anders über diesen Skalen zu hören. Ich habe mich viel damit beschäftigt und würde mich freuen auf einen Austausch. Mehr von mir kann auf youtube gefunden werden: https://www.youtube.com/channel/UC7yWCg0l2QxtbE7A9uwIYRw
oder ein email auf stevens(at)eurythmy.co.nz
Von
Theophil
@
Ist Jakob Böhmes Gedanke etwas ähnliches?
"Wem Zeit ist wie Ewigkeit und Ewigkeit wie Zeit ....." ?