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Der Geist sieht den Geist

Der Geist sieht den Geist

Von

Mieke Mosmuller

20-09-2016 6 Kommentare Print!

Wir saßen auf einer Terrasse in der Sonne mit einem Glas kühlem Wasser. Ein Ehepaar betrat die Terrasse. Zuerst kam die Frau, ich denke, sie war etwa 85. Sie musste drei Stufen hinaufgehen, um die Terrasse zu erreichen und tat dies perfekt. Hinter ihr kam ihr Mann, dem ersten Eindruck nach etwa 95 Jahre alt. Er musste sich viel mehr Mühe geben, diese drei Stufen zu überwinden und tat es mit einem klappbaren Laufgestell. Nachdem er die Terrasse betreten hatte und den Tisch erreichte, faltete er das Gestell zusammen und nahm auf einem unkomfortablen hölzernen Stuhl Platz. Während er sich bemühte, all dies zu tun, machte er Späße mit den Menschen, an denen er vorbeikam. Als er sich hingesetzt hatte, sprach er lebendig mit seiner Frau, sie bestellten Getränke, hatten ein langes Gespräch mit dem Mädchen, das die Bestellung aufnahm, und einige Zeit später kam eine andere ältere Frau auf die Terrasse und gesellte sich zu ihnen. Offenbar wollten die Damen nebeneinander sitzen und auf das Meer blicken – also stand der Mann auf, bewegte sich von Stuhl zu Stuhl auf die andere Seite des Tisches und nahm wieder rege an der Konversation teil. Wiederum eine Zeit später kam eine jüngere Frau fröhlich an den Tisch. Sie wurde begleitet von drei heranwachsenden Mädchen, alle drei sehr schön. Der alte Mann betrachtete sie zufrieden... Sie kamen eins nach dem anderen zu ihm und umarmten ihn herzlich.


Das Ganze fand vor unseren Augen statt, man konnte es unmöglich nicht sehen – und wir haben es genossen. Hier wurde wieder ein Beweis der Wahrheit gegeben: Das Ich altert nicht! Es war deutlich, dass der Mann sehr, sehr alt war und dass er Mühe unter dem Älterwerden seines Leibes hatte. Es war sichtbar, dass er seinen Leib mit sich schleppen musste, als ob es ein Schwergewicht wäre, und dass er eine Stütze haben musste, um dazu imstande zu sein. Man konnte sehen, dass er unter dem Mangel an physischer Energie und Kraft, an Vitalität litt und dass er sich nach Ruhe sehnte. Auf der anderen Seite konnte man seinen geistreichen und wachen Geist sehen, der dies alles organisierte: das Nehmen der Stufen mit dem Faltgestell, das Zusammenfalten dessen, das Finden seines Stuhles, das vorsichtige Sich-Setzen – und dann die ganze Freiheit des Geistes, um mit anderen Menschen zu sprechen und Späße zu machen.

Wir müssen zwei Arten von Augen haben, um dies sehen zu können: die physischen Augen sehen den alten, vergänglichen Leib, und das ist alles, was wir sehen, aber der Geist sieht den Geist, und der Geist wird nicht älter, insoweit er frei bewusst in sich selbst ist. Insoweit es nur der Leib ist, der vor sich hin lebt, während er älter wird, und dann den Geist im Älterwerden mit sich nimmt, wird der Geist mit altern. Aber hier, in diesem sehr alten Mann, war die Intelligenz so jung und wach wie immer.

Jeder kann die Intelligenz mit der Intelligenz, den Geist mit dem Geist, die Seele mit der Seele sehen. Im Englischen gibt es das Wort ,mind’, das all diese übersinnlichen Prozesse zusammenfasst. Wir brauchen dafür nicht hellsehend zu sein, es ist nur ein Verschieben der Aufmerksamkeit, von den physischen Sinnen zu einem Erleben der Seele. Das ist überhaupt keine ungewöhnliche Aktivität, wir entfalten sie jedes Mal, wenn wir wirklich zuhören, was jemand sagt. Es ist zwar ungewöhnlich, mit diesem Zuhören zu sehen – diese Zuhören, das nicht nur hören ist, sondern eine begreifende Qualität. Wenn wir uns daran gewöhnen, mit dem begreifenden Vermögen zu sehen, dann sieht man die Intelligenz der Menschen – und wenn man sie sieht, dann wird es mehr und mehr unmöglich werden, sie nicht zu lieben.

Wenn man einem jungen Kind zuschaut, ist es normal, dass man seine Intelligenz sieht – auch wenn man das vielleicht nicht weiß –, denn es zeigt sie in all seinem physischen Spielen. Es ist die Intelligenz, die spielt, und mit dem physischen Auge kann sie gesehen werden. In erwachsenen Menschen ist die Intelligenz für die Augen verborgen, aber sie ist sichtbar für den Geist... Und der Geist altert nicht.

Der Geist sieht den Geist
Der Geist sieht den Geist Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von Hajo Noll @
    Bitte streichen Sie mich, aus Ihrem Verteiler. Danke.
  • Von @
    Wow, mooi, herkenbaar en invoelbaar beschreven via het belichten van een ervaringsvoorbeeld.
  • Von Lola Kirigin @
    Great picture - nice to get some lighter uplifting messages occasionally - thanks
  • Von Pukkie Smits @
    Het geeft troost, wat jij schrijft, Mieke ...
  • Von Maureen Havas-D'Andrea @
    I remember going to a Storytelling Workshop in the UK. We were sitting expectantly waiting for the guest speaker. When he entered the room I wondered how this frail old man could even speak, let alone give an address on Storytelling. He was helped into the room, sat delicately in a chair, bent over. Then he lifted his head, his clear blue eyes sparkled and he began to speak. This was a 'moment' in my life when I saw the Spirit of a human being, and the mind, so gifted and clear, the voice also clear but strong. Thank you for bringing forth the memory for me again.
  • Von @
    Mooi Mieke, dank je wel! Micheline