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Die Freiheit des Denkens

Die Freiheit des Denkens

Von

Mieke Mosmuller

06-05-2015 1 Kommentare Print!
In dem Wochenspruch dieser Woche (siehe den Menüpunkt ‚Seelenkalender’) werden wir auf das Freiwerden der erlebenden Seele gewiesen, die weit wird, bis an das Weltensein. Dies hat auch eine innerliche Seite, die im Übernatürlichen gesucht werden muss. Ich gebe ein Zitat aus meinem gerade erschienenen Buch ‚Lebendiges Denken’:

Wenn wir die Gegenwart so durchstoßen wollen, dass wir bewusst in eine Berührung mit der Wort-Welt des lebendigen Logos kommen, dann müssen wir lernen, in der Einsicht zu leben. Die Einsicht jedoch ist etwas ganz anderes als der abstrakte Begriff. Hier liegt eine große Schwierigkeit. Hier gerade liegt dieses Unvorstellbare, weil der Mensch im gewöhnlichen Begreifen die Augenblicke der Einsicht ganz und gar verschläft, weil sie im Willensgebiet des Denkens liegen, worin der Mensch gewöhnlich nicht wach ist.


In meinem Buch ‚Ich mache, was ich will! Freiheitsphilosophie für junge Menschen’ habe ich die Betrachtung ganz und gar zu diesem Punkt der Einsicht hin geführt. Das kann ich hier nicht wiederholen. Auch in meinem ersten Buch ‚Suche das Licht...’ habe ich die sichere Einsicht ins Zentrum gestellt.

Dort habe ich dies anhand des einfachen Begriffes des Kreises getan. Dieser Begriff wird in der Mathematik mit Hilfe von Worten formuliert. Anhand dieser Worte kann man sehen, dass man sie sehr gut auswendig lernen und reproduzieren könnte, was den Anschein erweckt, dass man den Begriff habe.

Man kann auch durch die Worte hindurch den Begriff des Kreises wirklich erfassen. Dann schaut man gleichsam durch die physische Realität der Abspiegelung im Gehirn hindurch auf dasjenige, was außerhalb des Gehirns die Wirklichkeit des Begriffs des Kreises ist. Würde man dies in Worte fassen wollen, würde man wiederum die Formulierung aus der Mathematik verwenden.

Man kann sich nun aber auch üben, diesen Begriff im Einsichtsmoment festzuhalten. Das ist so etwas wie die Aufforderung, sich aufrechtzuhalten, ohne festen Grund unter den Füßen zu haben. Im Geiste kann der Mensch das. Es ist eine Frage von Mut, Treue und Vertrauen.

...

Dann aber bekommt auch das Zeiterleben eine ganz andere Qualität. Man schaut gleichsam, wie der Leib, den man verlassen hat, im Jetzt anwesend ist, während man ein geistiges Erleben hat, das im Jetzt überhaupt nicht mehr existieren kann. Dagegen berührt einen die Urqualität des Logos, Er rührt einen an.

Es ist dasjenige, wie der Mensch gedacht ist, was einen jetzt denkt. Es ist, was der Mensch einst sein wird, was jetzt das eigene Wesen durchwirkt. Das Leben des eigenen Wesens wird durchwebt. Ganz und gar aus dem Jetzt herausgehoben empfindet man sich, in einem Zeitgeschehen, in dem Alpha und Omega eins sind.

Noch ganz undifferenziert ist dieses Erleben anfangs, doch darum nicht weniger erschütternd und gnadenvoll. Man fühlt darin, wie man einst als ein Keim eins mit dem Makrokosmos war und wie man später schon mehr als eigenes Wesen im Schoß der Götter ruhte, und dass auf Erden die Entwicklung zu einer freien Individualität eingesetzt hat. Als Ahnung weiß man dies, nicht als das bekannte, klare Gedankenwissen. Man wird außerhalb des eigenen Leibes gedacht und auf den Willenskräften geführt, die man eingesetzt hat.

In nichts ist dieses Denken mit dem gewohnten, bekannten Denken zu vergleichen, und darum ist es unvorstellbar. Es ist eine Kraft, die unaussprechlich ist, die man ertragen lernen muss, die als Licht wirkt, aber als nicht geoffenbartes Licht; man denkt ohne einen Gegenstand; durch einen spricht das unaussprechliche Wort. Unvorstellbare Vorstellung, unaussprechliches Wort, unsichtbares Licht... Aus aller Beschränktheit, die der Leib einem gibt, fühlt man sich herausgehoben...

Die Freiheit des Denkens
Foto von Wing-Chi Poon; Jasper National Park, Alberta, KanadaDie Freiheit des Denkens Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von Marie Anne Paepe @
    De ondoorgrondelijkheid doorgronden is als de dag die verschijnt te midden van de nacht die de nacht tot dag maakt (variatie op een uitspraak van Henry Corbin, aan wie ik onmiddellijk moest denken)