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Die öffentliche Meinung

Die öffentliche Meinung

Von

Mieke Mosmuller

18-02-2015 5 Kommentare Print!
In der europäischen Mythologie – und auch in anderen Mythologien – finden wir den Keim der menschlichen Freiheit und die Dämmerung des Gottesreiches. In unserer Zeit sind wir von diesen halbbewussten Einflüssen der Götter befreit. Wir erkennen keinen Gott, denn wir sehen ihn nicht – vielleicht glauben wir, dass er dennoch existiert, in einer anderen Welt, oder in einem anderen Bewusstsein, doch es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Gott existiert.

Wir sind also frei. Wir können genau das tun, was wir wollen, denken, worauf wir Lust haben, glauben, was wahr zu sein scheint. Es scheint keine einzige Macht mehr zu geben, die uns zwingt, außer vielleicht noch das Gewissen oder angelernte moralische Normen.

Wenn man an solche Zusammenhänge zu denken beginnt, weiß man, dass es von der Wahrheit weit entfernt ist, dass wir frei seien. Es gibt eine mächtige Kraft, die von außen zwingend auf uns einwirkt. Wir sehen diese Macht nicht, so wie wir auch Gott nicht sehen. Ein neuer Wotan leitet uns, und die Frage ist: Wie können wir eine neue Brünnhilde werden?

Wenn man sich selbst betrachtet, wenn man die Nachrichten hört oder in der Zeitung liest, dann kann man die erste Reaktion, die in einem aufkommt, sehr gut verfolgen. Schaut man nicht auf das, was in einem aufsteigt, sind diese Reaktionen natürlich ebenfalls da, aber man bemerkt sie nicht. Sie formen sich unerkannt zu Meinungen im Kopf und im Herzen, und man ist sich der Prozesse, wodurch diese Meinungen hervorgerufen werden, überhaupt nicht bewusst. Später jedoch bestimmen diese Meinungen sehr wohl, wie man über die Dinge denkt und wie man handeln will oder findet, dass gehandelt werden müsse – und man merkt es nicht.

So werden wir zu programmierten Wesen. Denken und FĂĽhlen werden geformt, ohne dass wir mit dem Bewusstsein dabei sind. Wir untersuchen nicht, woher die Meinungen kommen.

Wenn man einen beeindruckenden Bericht hört, etwa über Hinrichtungen aufgrund von religiösen Überzeugungen, dann fühlt man unmittelbar bestimmte Reaktionen in einem aufsteigen. Doch die erste Reaktion müsste sein, sich zu fragen: Ist dies wirklich wahr, und wenn ja, ist auch dessen Bedeutung, von der mir berichtet wird, ebenfalls wahr? Werde ich durch eine bestimmte Berichterstattung nicht in eine bestimmte Richtung gelenkt, die mir sagt, wie ich denken und fühlen soll? Ich will hier nicht alle Nachrichten bezweifeln oder doppelter Bedeutungen verdächtigen. Ich will nur auf die Tatsache hinweisen, dass unmittelbar ein Urteil aufkommt und dass die notwendige erste Frage übergangen wird: Kann ich allen Informationen aus den Medien vertrauen? Natürlich kann ich das nicht! Doch das bedeutet auch wiederum nicht, dass jede Information unrichtig ist. Ich werde also eine Art neues Sinnesorgan entwickeln müssen, um die Unterscheidung treffen zu können.


Die erste Handlung ist, sich selbst die Frage zu stellen, ob es wohl wahr ist, was man hört. Es ist nicht einmal wichtig, ob ich diese Frage mit Ja oder Nein beantworten kann. Die Frage an sich stoppt das automatische Abrollen des ganzen Prozesses der Meinungsbildung und Urteilsbildung. In Wirklichkeit sind wir alle Sklaven der Medien … bis wir aufstehen und uns selbst die erste Frage stellen, immer wieder von neuem.

Im sechsten Jahrhundert vor Christus lebte Gautama Buddha. Er machte eine großartige Erleuchtung durch, und er gab der Menschheit im achtfachen Pfad den Keim dessen. Der erste Schritt darin ist das Bilden der richtigen Meinung. Denn die Meinung ist die Basis für das Ganze unserer Gedanken und Urteile – und so schließlich auch für unsere Taten.

Das Bewusstwerden des Bildens der richtigen Meinung ist in unserer Zeit eine wahre Herausforderung, der wir nicht aus dem Weg gehen wollen dĂĽrften...

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Die papierne öffentliche MeinungDie öffentliche Meinung Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von @
    Liebe Frau Mosmuller
    ich will Ihnen jetzt einmal ein Kränzchen winden, will heissen, ich schätze Ihre Gedanken, die Sie sporadisch auf diesem Kanal verbreiten sehr. Machen Sie weiter so und ich wünsche Ihen viel Kraft dazu. Ich selbst bin seit einiger Zeit am lesen Ihres Buches "Königsweg." Es ist keine einfache Kost, aber dieses Buch entführt mich oft abends vor dem Einschlafen in Ihre Gedankenwelt, was ich sehr geniesse, weil sie mir seelenverwandt erscheint. Herzlichen Dank.
    Otto Rohner, Demeter-Weinbauer
    • Von Mieke Mosmuller @
      Vielen Dank für das Kränzchen, ich werde es aufbewahren, es wirkt ermutigend...... Liebe Grüsse, Mieke Mosmuller
  • Von Mimigoacher @
    Yes, I Agree. I find I have to listen, digest and observe what is going on around me with the media, with all the day brings before me. I can't deal with everything but most days I try to address what is important (?).
  • Von Michiel Suurmond @
    Een citaat (in het Duits) van de negentiende-eeuwse Deen S. Kierkegaard: 'Die Auesserungen werden so objektiv, ihr Umfang so allumfassend, dass es zuletzt ganz gleichgültig bleibt, wer sie macht, ein Verhältnis, das in Hinsicht auf menschlichen Reden ganz dem Handeln aus Prinzip entspricht. Und wie das Publikum eine reine Abstraktion ist, so wird es zuletzt die menschliche Rede auch, da gibt es keinen mehr, der redet, sondern eine objektiv gewordene Reflexion setzt allmählich eine Athmosphäre ab, erzeugt ein abstraktes Tönen, das die menschliche Rede überflüssig macht, wie die Maschine den Arbeiter. In Deutschland hat man sogar Handbücher für Liebende, so wird es wohl damit enden, dass ein Liebespaar da sitzen und anonym mit einander reden kann.'
  • Von Michiel Suurmond @
    En nog een citaat, nu in het Engels, van George Orwell, met reserves ten aanzien van '...but his brain is not involved as...': 'Orthodoxy, of whatever color, seems to demand a lifeless, imitative style. The political dialects to be found in pamphlets, leading articles, manifestoes, White papers and the speeches of undersecretaries do, of course, vary from party to party, but they are all alike in that one almost never finds in them a fresh, vivid, homemade turn of speech. When one watches some tired hack on the platform mechanically repeating the familiar phrases -- bestial atrocities, iron heel, bloodstained tyranny, free peoples of the world, stand shoulder to shoulder -- one often has a curious feeling that one is not watching a live human being but some kind of dummy: a feeling which suddenly becomes stronger at moments when the light catches the speaker's spectacles and turns them into blank discs which seem to have no eyes behind them. And this is not altogether fanciful. A speaker who uses that kind of phraseology has gone some distance toward turning himself into a machine. The appropriate noises are coming out of his larynx, but his brain is not involved as it would be if he were choosing his words for himself. If the speech he is making is one that he is accustomed to make over and over again, he may be almost unconscious of what he is saying, as one is when one utters the responses in church. And this reduced state of consciousness, if not indispensable, is at any rate favorable to political conformity.'