Home
>
Blog
>
Die Walküren

Die Walküren

Von

Mieke Mosmuller

11-02-2015 3 Kommentare Print!
Wenn man über den Ursprung des Bösen nachdenkt, kommen einem die großen Götter- und Heldensagen in die Erinnerung. Wenn wir Texte davon haben, brauchen wir eine lebendige Phantasie, um die wahre Bedeutung einer Sage zu fassen. So zum Beispiel die Figuren Hera und Zeus. Es bleiben leicht einfach nur Namen, wenn wir nicht versuchen, die Figuren so intensiv wie möglich zu erleben.

In den verschiedenen Kunstformen finden wir eine großartige Hilfe, um unsere Bilder zu verlebendigen. Künstler können uns erfassen lassen, was eigentlich die tiefere Bedeutung zum Beispiel von bestimmten Figuren und Geschehnissen aus der Mythologie ist.

Vielleicht ist die Musik die eindrücklichste Art, unsere schwachen Gedanken und Gefühle zum Leben zu erwecken. Und wir mögen von einem Komponisten wie Richard Wagner denken, was wir wollen – wir sollten bei unserer Meinungsbildung immer mit bedenken, dass er lebte und starb, bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach, bevor die darin lebende Ideologie aufkam. Wagner war ein Meister in der bis in die feinsten Details geführten Darstellung des Handelns und der Emotionen von Personen – seien sie menschlich oder göttlich. Er behandelt seine Themen mit großem Mut. Durch die Langsamkeit der Handlung erreicht er, dass er nicht durch eine schnelle Folge, sondern gerade durch eine erweiterte Form der Handlung die Spannung erzeugt. Die Musik gibt dieser Spannung zusätzliche Kraft, gibt Emotion, den dramatischen Ton.

In 'Die Walküre' wird die alte germanische Mythologie gezeigt. Auf berührende Weise wird die Trennung zwischen dem Gott Wotan und seiner liebsten Tochter Brünnhilde gezeigt. In den dramatischen Szenen wird deutlich, das alles Geschehen auf Erden, zwischen Menschen, von den Göttern gelenkt wird. Ein Mann kann glauben, dass er seinen Gegner überwunden habe – doch er vermag dies nur dadurch, dass er während seines tapferen Kampfes die Hilfe der Götter erhält.

Die tapfersten Krieger werden nach Walhalla gebracht, nachdem sie auf dem Schlachtfeld gestorben sind. Die Führer dorthin sind: die Walküren. Töchter Wotans, durch die Luft reitend, um nur auf Erden zu erscheinen, um den Tod zu verkünden und den Gestorbenen nach Walhalla zu führen, wo er sich zu den anderen Helden gesellen und an der Tafel der Götter sitzen darf.

Die Götter beschließen, wer sterben muss, wer gewinnen darf – die Walküren führen aus, was die Götter beschlossen haben.

Dann kommt die tief berührende Szene, in der Brünnhilde weiß, dass ihr Vater Wotan einen Mann – Siegmund – am Leben erhalten will, doch seine Ehefrau Fricka erlaubt dies nicht – und er muss nachgeben. Brünnhilde muss die Niederlage herbeiführen...

Als sie aber die irdische, tiefe Liebe sieht, die Siegmund für Sieglinde hat, für die er sogar seine Zukunft in Walhalla aufgeben will, beschließt sie, ihn zu retten – im vollen Bewusstsein, dass sie im Widerspruch zu dem Willen ihres Vaters, dem Gott, handelt.

Diese Tat der Freiheit markiert den beginn der ‚Götterdämmerung’. Wotan muss selbst an Stelle Brünnhildes handeln und sorgt dafür, dass Siegmund doch stirbt. Danach muss er seine geliebte Tochter verstoßen und sie auf die Erde werfen – mitten unter die Menschen.

Dieser Moment, das erste Mal, dass ein göttliches Wesen etwas völlig aus eigenem Willen tut, ist sehr beeindruckend. Es ist deutlich, dass das Motiv das Sehen der wahren Liebe zwischen Menschen ist, wie sie nur auf Erden möglich ist. Wir können unmöglich sagen, dass Brünnhilde eine Sünde begeht – und doch begeht sie eine Sünde. Hier zeigt sich das Mysterium des Ursprungs des Bösen, hier, wo wir sehen können, dass das Böse gut und das Gute böse sein kann... Es ist nur dann das Böse, wenn es nicht in die Gewohnheiten, Werte und Normen passt – doch es kann trotzdem gut sein, weil es auf wahrhaftiger Liebe beruht.

Als Menschen haben wir jedoch einen Verstand und ein Herz empfangen, und es ist uns zugestanden, selbst über Gut und Böse zu urteilen. Und wenn wir dann sehr sorgfältig auf das achten, was in uns geschieht, wenn wir urteilen – dann finden wir einen wahrhaftigen Sinn für Wahrheit in unserem Verstand und unserem Herz. Brünnhilde zeigt dies zum ersten Mal.
 
Die Walküren
Arthur Rackhams Illustration des ‘Walkürenritts’
Die Walküren Von Mieke Mosmuller

Geben Sie einen Kommentar





Kommentare
  • Von Machteld Rippen-Veenker @
    Wat een indrukwekkend verhaal. Wat een indrukwekkende schildering - of is het een ets. Je hoort de muziek erbij klinken en in de dramatiek van het oude verhaal dat tot leven komt, kom ik voor heel even weer wat dichterbij het begrijpen van de houten steel van de bijl die overmoedig met de boom spreekt, waar hij zelf uit gehaald is (zie blog 34 'Over het Boze') - hier lees ik vandaag nog weer heel duidelijk hoe het goede tegelijk het kwade kan zijn. En andersom. Dat wijzelf in staat zijn het ene van het andere te scheiden...- ik voel dat dat grote moed vraagt - wanneer we luisteren naar de cynische criticus. Als we luisteren naar onszelf, vraag het deemoed, want daar zo dichtbij ons hart ligt wel het evenwicht tussen moed en deemoed, tussen de verstandige vraag die we stellen en het hartelijke antwoord dat geschonken wordt - maar op dat éne punt van evenwicht, ligt ook het moment van die waarheid tot ons mogen nemen, en dan ook tot daadkracht over mogen gaan. Eten, verteren en gevoed werken als de beste. Als Brünnhilde de eerste was, volgen er meer die niet meer bang zijn fout te doen, want falen ontbreekt toch niet in de veldtocht van een ridder. Voorbeeld Jeanne D'Arc staat me hierbij ook voor ogen als voorbeeld. Je moet de moed maar hebben. Misschien kan ik zo ook overdenken hoe het nu zit met degenen die in deze tijd willen vechten in den verre - hoe daar evenwicht in te vinden. Dank Mieke voor weer je opgeschreven gedachtegang die ons zo zeer kunnen inspireren naar begrip en moed en liefde.
  • Von Sina @
    Liebe Mieke, wie aber sehen wir in diesem Zusammenhang den "Konflikt" des Gottes Wotan, dessen Wille so gesehen durch seine Ehefrau Fricka gebrochen oder geändert worden ist? Ursprünglich beschloss Wotan, dass Siegmund am Leben bleiben solle. Fricka war dagegen und beeinflusst die Entscheidung. Brünnhilde kannte sogar den ersten Entschluss Wotans und setzte letztlich diesen durch, da ihr nun einmal die Ausführung, also das Handeln übertragen war. Oder war es ihr schlichtweg von vornherein überlassen? War Wotan am Ende nicht auch nur gesteuert durch Fricka? Wo zwei sich streiten, freut sich der Dritte, also Brünnhilde. Sie stellt damit tatsächlich ihre frei in Liebe entscheidende Menschlichkeit unter Beweis - eine Freiheit, die Wotan nicht innehat. So gesehen kann ich Brünnhilde auch als für das menschliche Leben "qualifiziert" betrachten und nicht als "verstoßen". Bestand vielleicht sogar darin Wotans Plan, der mit Fricka nicht klar kam? Liebe Grüße, Sina
  • Von Thomas @
    Die Ouvertüren zu "Parsifal" und insbesondere zu "Lohengrin" zählen zu dem Schönsten, was es meiner Meinung nach in der Musik gibt. Dennoch hatte Wagner auch eine Schattenseite, wie folgender Auszug aus einem Beitrag zu einer Ausstellung auf dem "Grünen Hügel" 2012 zum Thema "Verstummte Stimmen" zeigt.

    „Stichwortgeber“ Richard Wagner
    „Richard Wagner hat natürlich mit seinem Pamphlet ‚Judentum in der Musik’ und den antisemitischen Schriften – vor allem in den letzten Jahren seines Lebens einen festen ideologischen Rahmen für alle seine Nachfolger gesetzt“, sagt Hannes Heer, der die Geschichtsschau kuratiert hat. „Er ist wirklich radikal antisemitisch. Sein Konzept war, die Juden auszuweisen aus Deutschland – 1879“. Der jüdische Dirigent Hermann Levi war bei Wagner geduldet, obwohl der die „jüdische Race“ – wie er sagte – „für den geborenen Feind der reinen Menschheit und alles Edlen“ hielt. 1882, allerdings auf Drängen von Ludwig II., konnte Levi sogar die Uraufführung des „Parsifal“ leiten. „Er hat ihn gequält. Er hat ihn gedemütigt. Dann hat er ihn wieder hergeholt, denn er war natürlich auch fasziniert von seiner Dirigentenkapazität“. Immerhin: „Psychoterror“ habe der Komponist gegenüber Levi nicht ausgeübt.

    Bei Cosima freilich ist das anders. Sie betreibt gewissermaßen eine „Politik der Apartheid“, meint Heer. Als sie nach dem Ableben Wagners auf dem Grünen Hügel das Ruder übernimmt, drangsaliert sie Levi und gerne auch andere Juden auf übelste Weise. Systematisch streicht sie jüdische Musiker von der Besetzungsliste.

    Als der Grüne Hügel braun war
    Im Neuen Bayreuther Rathaus, wo in einem zweiten Teil der Präsentation das Schicksal von 44 im gesamten Dritten Reich verfolgten Stars der deutschen Opernszene auf Stelltafeln dokumentiert wird, sind in Hörstationen auch einige der „verstummten Stimmen“ wieder zu hören, die der Ausstellung den Titel gegeben haben.. Darunter auch der jüdische Bariton Friedrich Schorr. Cosimas Sohn Siegfried, der ihren antisemitischen Kurs in Bayreuth fortsetzte, hatte Schorr als Wotan allein deshalb besetzt, um wachsender Kritik, Bayreuth sei zu einer deutsch-nationalen Weihestätte mit judenfeindlichem Touch verkommen, den Wind aus den Segeln zu nehmen. Viele renommierte Zeitungen hatten sich nach einer deutschnationalen Feier mit antisemitischen Hetztiraden und Ludendorf auf der Besucherliste darüber mokiert, dass Bayreuth für eine Parteiveranstaltung missbraucht worden sei.

    Anschaulich dokumentiert die zweiteilige Ausstellung, dass Festsieldirigenten und Mitglieder der Wagner-Familie - wie etwa der antisemitische Theoretiker Houston Chamberlain oder auch Winifred Wagner – schon früh mit nationalsozialistischem Gedankengut sympathisierten: eine beinahe ungebrochene Tradition also, die von den antijüdischen Ressentiments eines Richard Wagner bis zur Judenvernichtung in Hitlers Konzentrationslagern reicht.