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Eine weiterführende Bekehrung von Augustinus

Eine weiterführende Bekehrung von Augustinus

Von

Mieke Mosmuller

15-02-2017 2 Kommentare Print!

Augustinus gibt im zehnten Buch eine wunderbare Beschreibung seines Weges von außen nach innen, die letztendlich zu einer Erwägung des reinen Denkens führt. Dann folgt eine Untersuchung des Gedächtnisses und dann diese Bekehrung. Die Beschreibungen sind zu ausführlich, um sie hier wieder zu geben, sie sind aber wirklich sehr lesenswert! Hier nur der Schluss.


Buch zehn, Kapitel XXVII
Eine große Kraft ist das Gedächtnis, ich weiß nicht was, das mir einen heiligen Schauder erregt, mein Gott, eine tiefe und unbegrenzte Vielheit, und so ist meine Seele, und so bin ich selbst. Was bin ich also, mein Gott, welche Natur bin ich? Ein mannigfaltiges, vielartiges und überaus unermeßliches Leben. Siehe, in des Gedächtnisses freien Gefilden, Grotten und unzähligen Höhlen, die voll sind von Dingen unzähliger Art, mögen sie in mich gekommen sein durch Bilder, wie bei allen Körpern, oder durch ihre Gegenwart, wie bei den Künsten oder durch – was weiß ich für Merkmale oder Begriffe wie die Gemütsstimmungen, welche, wenn auch die Seele sie nicht empfindet, doch das Gedächtnis festhält, da man im Sinn hat, was im Gedächtnis ist: dies alles durchlaufe und durchfliege ich, da und dorthin dringe ich, so weit ich kann und nirgends gibt's ein Ende; so groß ist die Kraft des Gedächtnisses, so groß die Kraft des Lebens in einem lebenden, sterblichen Menschen!

Was soll ich also tun, du mein wahres Leben, mein Gott? Ich werde mich erheben auch über dieses Leben, das Gedächtnis genannt wird, ich werde mich darüber erheben, daß ich mich strecke zu dir, mein süßes Licht. Was sagst du mir? Siehe, ich erhebe mich zu dir durch meinen Geist, der du über mir beharrst. Ich erhebe mich auch über diese meine Kraft, welche Gedächtnis genannt wird, indem ich dich erreichen will, wo du erreicht werden kannst, und dir anhaften will, wo man dir anhaften kann. Es haben nämlich Gedächtnis auch Vieh und Vögel; sonst könnten sie nicht ihre Lager und Nester wiederfinden und vieles andere nicht, daran sie gewöhnt sind; denn sie vermöchten nicht, sich an etwas zu gewöhnen, wenn nicht mit Hilfe des Gedächtnisses. Ich erhebe mich darum auch über das Gedächtnis, um den zu erreichen, der mich geschieden hat von den vierfüßigen Tieren und mich weiser gemacht hat als die Vögel des Himmels. Ich erhebe mich über das Gedächtnis; und wo finde ich dich, wahrhaft gute Wonne des Friedens? Und wo finde ich dich? Wenn ich außerhalb meines Gedächtnisses dich finde, so bin ich deiner nicht eingedenk. Und wie soll ich dich nun finden, wenn ich deiner nicht eingedenk bin?

Kapitel XXIV
Siehe, wie ich den Raum des Gedächtnisses durchgegangen bin, dich suchend, Herr, und habe dich nicht gefunden außerhalb desselben. Und dabei habe ich nichts von dir gefunden, was nicht Erinnerung von der Zeit her wäre, da ich dich kennengelernt. Denn seitdem ich dich kennenlernte, habe ich deiner nicht vergessen. Denn wo ich die Wahrheit fand, da fand ich meinen Gott, die Wahrheit selbst, die ich, seitdem ich sie kennenlernte, nicht mehr vergessen habe. Seitdem ich dich daher kennengelernt habe, bleibst du in meinem Gedächtnis, und da finde ich dich, wenn ich mich an dich erinnere und in dir mein Ergötzen finde. Das sind meine heiligen Wonnen, die du mir geschenkt hast nach deinem Erbarmen meine Armut ansehend.

Kapitel XXV
Aber wo bleibst du in meinem Gedächtnis, Herr, wo bleibst du da? Was für eine geheime Stätte hast du dir zubereitet? Was für ein Heiligtum hast du dir errichtet? Du hast mein Gedächtnis gewürdigt, in ihm zu wohnen, aber in welchem Teile desselben du dich aufhältst, das überlege ich. Ich ging durch die Teile desselben, die auch die Tiere haben, als ich dein gedachte, da ich dich nicht daselbst fand unter den Bildern von körperlichen Dingen; und ich kam zu den Teilen desselben, wo sich die Gemütsbewegungen befinden, und fand dich auch da nicht. Da ging ich zu dem Sitz meiner Seele selbst, der in meinem Gedächtnis ist, da die Seele sich auch ihrer selbst erinnert, und auch da warst du nicht; denn du bist nicht das Bild eines Körperlichen noch das Gefühl eines Lebenden, wie es ist, wenn wir uns freuen, trauern, Verlangen tragen, Furcht haben, uns erinnern, vergessen und dergleichen; nicht bist du selbst eine Seele, weil du der Herr und Gott der Seele bist. Und das alles verändert sich, du aber bleibst unveränderlich über allem; und du hast mich gewürdigt, zu wohnen in meinem Gedächtnis, seit ich dich lerne. Und was frage ich, an welchem Orte des Gedächtnisses du wohnst, als wenn wirklich Räume daselbst wären? Du wohnst gewißlich in ihm, seitdem ich dich lerne, und in ihm finde ich dich, wenn ich mich deiner erinnere.

Kapitel XXVI
Wo also fand ich dich, um dich zu lernen? Denn noch nicht warst du in meinem Gedächtnis, ehe ich dich lernte. Wo also fand ich dich, um dich zu lernen, wenn nicht in dir, über nur? Und nirgends ein Ort, wir mögen zurückgehen oder uns ihm nahen; und nirgends ein solcher Ort. Als die Wahrheit waltest du überall über denen, die dich angehen um Rat, und antwortest zugleich allen, die auch verschiedenes dich fragen. Klar antwortest du, aber nicht klar hören alle. Das ist dein bester Diener, der weniger darauf sieht, das von dir zu hören, was er will, als vielmehr das zu wollen, was er von dir hört.

Kapitel XXVII
Spät habe ich dich geliebt, du Schönheit, so alt und doch so neu, spät habe ich dich geliebt! Und siehe, du wartest im Innern, und ich war draußen und suchte dich dort; und ich, mißgestaltet, verlor mich leidenschaftlich in die schönen Gestalten, welche du geschaffen. Mit mir warst du und ich war nicht mit dir. Die Außenwelt hielt mich lange von dir fern, und wenn diese nicht in dir gewesen wäre, so wäre sie überhaupt nicht gewesen. Du riefest und schriest und brachst meine Taubheit. Du schillertest, glänztest und schlugst meine Blindheit in die Flucht. Du wehtest und ich schöpfte Atem und atme zu dir auf. Ich kostete dich und hungre und dürste. Du berührtest mich und ich entbrannte in deinem Frieden.

Eine weiterführende bekehrung von Augustinus
Augustinus in MeditationEine weiterführende Bekehrung von Augustinus Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von Machteld @
    Ik vind dit heel indrukwekkend. Al drie weken lang - die vragen...zijn denken...lang geleden en toch zo dichtbij als ik het zo lees. Een paar jaren geleden zou ik deze tekst gesnapt hebben, maar er niet in kunnen leven, nu lees ik het met spanning en bewondering. Zoals Augustinus verlangt, smacht, dúrft te smachten, dat is toch prachtig: 'te laat heb ik U lief gekregen, o Schoonheid..' dat ontroert toch zo..
    In zijn vorsende vragen en antwoorden zijn de denkwerelden te onderscheiden. Concentratie, contemplatie, zijn vorsende denken, dat i s zijn meditatie. Hij denkt hier toch ook over het denken! Maar kan dat nog niet voltrekken. Maar hij komt wel heel ver met zelf vragen en ook zelf beantwoorden. Dat nodigt tot navolgen. Hij raakt me en inspireert me werkelijk, met name in zijn uitgesproken sterke verlangen. En mij vast niet alleen.
  • Von Wim Kol @
    Beste Mieke, ik sluit graag aan bij het commentaar van Machteld, en met name bij haar slotzin. Jouw artilelen over Augustinus zijn voor mij van een grote rijkdom. Nu geen vragen over de inhoud, het moet bij mij door herlezen verder bezinken. Wel nog de volgende vraag. Kun jij iets zeggen hoe de denkwereld van Augustinus de maatschappelijk/kerkelijke denkwereld van nu ( nog steeds ) beïnvloedt? Ik denk daarbij als voorbeeld (buiten deze teksten om) aan zijn visie op de eindtijd, die hij ontwikkelde nadat de eeuwige stad Rome niet eeuwig bleek te zijn, velen (ook Columbus) inspireerde om de wereld te ontdekken. (zie Achterhuis "Werelden van tijd".)Wim Kol