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Frei werden - Teil 2

Frei werden - Teil 2

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Mieke Mosmuller

10-08-2016 7 Kommentare Print!

Denken ist eine rein menschliche Eigenschaft. Das Bewusstsein ist mit Gedanken gefüllt, sie gehen immer weiter, weiter, weiter, sie machen uns glücklich, sie bringen Stress, sie machen uns traurig. In der Nacht gehen sie weiter, obwohl unser Bewusstsein dessen schwindet. Nur in Träumen nehmen wir wahr, dass sie noch immer da sind, obwohl si sich in mehr oder weniger fantastischen Bildern zeigen. In dem Moment des Erwachens geht der Strom der Gedanken weiter, aber sie heften sich an die Sinneswahrnehmungen - sie werden dadurch zusammengehalten, konzentrieren sich.


Es gibt Momente, in denen wir aus diesem Träumen von Gedanken - dem Sinnestraum - erwachen. Dann bringen wir mehr Willenskraft in den Verlauf unserer Gedanken; wir entscheiden selbst mehr, was wir denken. Solche Momente gibt es, wenn wir einen Entschluss fassen, wenn wir eine Arbeit verrichten müssen, die das Denken erfordert, wenn wir anfangen zu studieren, wenn wir versuchen, zu verstehen, was wir lernen sollen.

Es gibt in uns eine Fähigkeit, noch einmal zu erwachen, nun aus diesem durchwollten Denken. Es ist ein Erwachen, das über das gewöhnliche wache Denken hinausgeht. Es ist ein Befreien des gewöhnlichen Denkens, das auf den plattgetretenen Pfaden der Erziehung, der Familie, des Volkes, der Wissenschaft usw. wandelt. Rudolf Steiner sagte einmal, dass es dies ist, was die Menschen am meisten fürchten, diese Freiheit im Denken. Nicht nur wird gefürchtet, dass eine 'Rasse' selbst denkender Menschen entstehen würde; es ist auch die Tatsache, ein individueller, selbständig denkender Mensch zu werden, die von jedem so gefürchtet wird. Es ist viel einfacher und erscheint viel sicherer, einfach mit dem Strom mitzutreiben und nie in diesem Strom auf zu stehen.

Die alte griechische Philosophie von Heraklit basiert auf dem Prinzip des Strömens, von 'panta rhei':
Ob wir auch in denselben Fluss steigen, es strömt immer wieder anderes Wasser.

In denselben Fluss steigen wir und steigen wir nicht, wir sind und wir sind nicht.

Und in einem Zitat von Plato in seinem Dialog 'Kratylos':
Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.

Noch verstärkt in: Man kann nicht ein einziges Mal in denselben Fluss steigen.

Aber in unserer modernen Zeit können wir dieses Bild verändern:
Der Strom geht weiter, aber der Denker kann aufstehen und Gedanken formen, de er selbst formen will, ohne von dem Strom mitgerissen zu werden. Von diesem Punkt des Aufstehens aus können wir sogar gegen den Strom denken. Natürlich bedeutet dies nicht, dass wir auf eine irrationale oder unlogische Weise denken wollen, oder mit Begriffen, die nicht existieren. Wir wollen auf eine moralische und rationale Weise denken, aber wir wollen unsere Gedanken auf unabhängige Weise bilden. Angst hiervor führ dazu, dass wir mit diesem freien Denken nicht beginnen.

Vorige Woche schlug ich vor, dieses freie Denken auf eine unschuldige Weise zu üben, nämlich indem man ein einfaches Lied innerlich rückwärts singt.
Es gibt mehr Übungen, im Strom aufzustehen, aus der normalen Wachheit zu erwachen - in ein Denken, das nicht bestimmt ist, das sich aus der persönlichen Art, aus der Routine des Denkens befreit.

Man erinnere sich einmal an einen wichtigen Entschluss, gefasst in einer Zeit, die Jahre zurückliegt. Man weiß, wie sich sein Leben nach diesem Entschluss entwickelt hat. Man versuche nun einmal, sich auf diesen Moment des Entschlusses zu konzentrieren - und fasse einen anderen Entschluss. Man hätte diesen Entschluss fassen können, aber man hat es nicht getan. Es geht nicht darum, ob es ein besserer Entschluss gewesen wäre. Es geht darum, dass er anders wäre. Man versuche nun, sein Leben vorzustellen, wie es mit diesem anderen Entschluss hätte verlaufen können. Es ist eine Form der Phantasie, denn so ist es nicht verlaufen. Aber es hätte so gehen können. Während man über das Leben denkt, das man hätte haben können, befreit man sich aus dem Strom, in dem man steckt, aus dem eingeschliffenem Strombett - und nimmt eine andere Richtung.

Eine zweite biografische Möglichkeit, eine gewisse Freiheit in den Gedanken zu finden, ist, zu der Zeit zurückzukehren, wo man zwölf Jahre alt war, und zu versuchen, sich ganz mit den Erinnerungen an diese Zeit zu identifizieren. Man versuche, sich so lebendig wie möglich, daran zu erinnern, wie die Umgebung war: empfinde die Atmosphäre, rieche oder schmecke, was es damals zu riechen und zu schmecken gab, fühle die Emotionen und so weiter. Wenn man zugleich spüren kann, wie in diesem Moment das eigene Bewusstsein ist, während man sich all dieser Dinge erinnert, dann wird man eine Befreiung aus allen Phrasen, allen Konventionen, aller Routine empfinden, die sich im eigenen Leben an das Alltagsselbst geklebt haben.
 
Frei werden - Teil 2
Heraclitus in Raphael's Schule von AthenFrei werden - Teil 2 Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von @
    Thank you Mieke for your inspiring thoughts. They ring a bell of truth as do your books that I have read: Seek the Light..., Wisdom is..., and The Living Rudolf... The first was a great revelation for me; how you succeeded in forming the book so that it lead my mind to similar revelations to what you then described some pages later. I was amazed! The second had such a wonderful and loving descriptions of its characters and their lives, but I was bothered by the leader/guru theme that filled the second half of the book. Do we really need leaders anymore? And the third chic I just finished today brought the leader-theme even more to the fore. Do we really need to follow Rudolf Steiner or are these Steiner's words truly true?: 'People absolutely ‘unlearned’ thinking. They only think with the thoughts of people they recognise as authorities. People will have to learn to think themselves; every human being must start to think by himself. Otherwise they will be influenced by the spiritual world, precisely because they don't believe in it, and they will be influenced in a bad way. ' I understand that Steiner is pointing to the freedom inherent, but mostly unused, in all of us. To become free is to be free from the true pointer, or Rudolf Steiner, as well. The last pages of this book about Steiner contained amazingly fluid and accurate reflections, the Light shines through them. The Light can shine through whatever we do as it also shines through these new reflections of Mieke.
    • Von Mieke Mosmuller @
      Dear Klaus, in my novels I started to form imaginations of the processes I described in Seek the light - and the processes became persons. The pure thinking is impersonated in Johannes. So he is not meant as a guru, but as an image of the greatness (or whatever name you would want to give to it) of pure thinking in every living human being that develops it. In my later novels this 'person' always appears when the main character comes near to pure thinking. Of course these imaginations are not perfect, but Johannes is not meant as a guru at all. Concerning Rudolf Steiner, I think that the most important issue is that we discern between process and content. What Steiner says about free thinking has nothing to do with content, it is a process of becoming free in thinking. We can also be fully free in thinking when we think and acknowledge what Steiner has thought. We should not follow his thoughts blindly, but the mark of free-ness in thinking is that we are able to think all possible thoughts, because we ourselves acknowledge the truth in these thoughts. Then we can freely think along with Steiner and still form these thoughts as if they are our own thoughts.
      Well, it is difficult to express in a few lines, but I tried...
      • Von @
        Dear Mieke, thank you for trying:) I see the point you make about Johannes. Maybe I should read the book anew with this in mind? But as you know we still live in a world "waiting for a savior", for somebody to lead us away from our inner demons. Our inherent program is to ignore our own darkness and seek the light from somebody else out there. That is why even those. like Steiner, who never wanted to become a guru have been given that role. How can a leader lead us to our inner savior if we are afraid of the demons guarding the light within? Is it worth our, you and me, while to fight the demons of others, whether Steiner's followers or others? Or should we concentrate on living and creating form the purity of free thinking? For I am not free of the past as long as I fight it. My fighting it actually keeps it alive, like a dragon endlessly bringing up new heads after the dragon slayer has cut down one. So what is the true action arising from free thinking? For you, Mieke, and for me. PS. If you want to read more of what I have written see www.klausra.com.
  • Von Marita Stomp @
    Beste Mieke ,

    dank je voor deze oefeningen ! gelukkig kan ik me hele goed situaties herinneren dus zal de oefening hopelijk goed gaan!
    Ja inderdaad het zelfstandig kunnen denken dat is lijkt me een beetje eng , waar zou je terecht kunnen komen?! ik ben bang voor de eenzaamheid en voor de verantwoordelijkheid maar verantwoordelijkheid over wat? dt weet ik niet eens ! is het gevaarlijk bijvoorbeeld dat soort angsten ...mijn hoofd gaat heel hard rennen ! Toch ga ik het proberen ! Ik hoop dat ik mijn '' heel hard rennen '' gedachten kan elimineren of in ieder geval vertragen en alle overbodige gedachten , en de gedachten die ik heb, alleen maar omdat ik tv heb gekeken of een tijdschrift heb gelezen dat ik vergeten ben wat nu van mij is of opgedrongen door het dagelijks leven en de fictie die ik ben geworden (niet dat ik niet ''mezelf '' ben maar toch een soort constructie)blijkbaar ,toch? . Ik ben heel bang maar ook heel benieuwd ,zou ik leuk en intelligent zijn? zou ik nog iets kunnen ''worden'' creeren? zou ik al helemaal goed zijn zoals ik ben? zou ik geniaal blijken te zijn hierna ? of gewoon ZIJN ? Dit denk ik allemaal omdat ik me soms afvraag hoe komt het toch dat ik zo sukkelig overkom en niet goed uit mijn woorden ,terwijl als ik de motief lees ...of euritmie doe het wel ''begrijp'' kan ik mijn trauma,s afleggen zou dat nog kunnen ? ok ik heb het begrepen ! de oefeningen zijn er om los te komen van het aardegebonden ego denken ! en de meeste mensen zijn bang voor het werkelijk zelfstandig kunnen denken ! Ik merk dat ik hert net heb zitten in te vullen en dat is dan weer zo een voorbeeld van ANGST en redenen zoeken om het niet te doen. Ik laat je dus even zien hoe mijn gedachten gaan. Ik zou ervoor willen gaan zonder de verwachting van een beloning en de consequenties ervan accepteren ! het is als een sprong in het diepe in het ongewisse ! ja dat! lieve groet ,Marita Stomp

  • Von Lola Kirigin @
    Hi Mieke - thanks for the suggestions to develop free-ness in thinking.
    I sense it will take continuous effort to cultivate this, which is like learning a new habit - eg to drive a car - but doing it consciously each time.
    'Ever-newer waters flow on those who step into the same rivers.'
    ‘Everything changes and nothing remains still ... and ... you cannot step twice into the same stream.'
    surely refers to developing this healthier habit in the freshness that thinking exercises bring , contrary to what goes on in the mind on auto-pilot, so that we can perceive and feel the living reality of situations instead of the same old, same old perceptions from ingrained prejudices.
    I do like the idea of ‘standing up and not being, entrained or carried away by the stream’ as long as I can recognize the nature of that stream and can be certain I bring something more beneficial in resisting this.


    • Von Mieke Mosmuller @
      Dear Lola, it is always the difficulty of the difference between content and process. The standing up and resisting the stream is a kind of inner gymnastic exercise, with no other use than that. Regarding the contents the new, free thought can be rather simple and not at all as beautiful or wise as the thoughts in the stream are - but still stimulate a free thinking that can assume beauty, wisdom and strength later.
  • Von Marie Anne Paepe @
    Bij de biografische oefening is het voor mij belangrijk van bewust te beginnen en te eindigen, m.a.w. het poortje te openen en dat poortje na afloop ook weer te sluiten - net zoals bij een meditatieoefening trouwens.
    Als ik de tijd zou hebben, zou ik de verhalen opschrijven. Er zijn schrijvers die op deze manier een roman schrijven, zoals bijvoorbeeld Christine Angot. Autofiction heet dit literaire genre. Dat moet heerlijk zijn om te doen, maar gewoon de oefening vind ik al ook al boeiend.
    Dank je wel hoor !