Der Herbst ist für mich eine Zeit, die mit Vorträgen und Seminaren in mehr als nur einem Land gefüllt ist. Es gibt kein festes Programm, das überall dasselbe ist, es ist ein reiches und wachsendes Thema. In Amsterdam und Bern werde ich über Demenz sprechen. Aber in Hamburg wird das Thema sein: Krebs und Kultur. Ich werde hier einen Vorblick geben, wie ich es auch für die Demenz getan habe.
Als ich Medizinstudentin war – ohne irgendein Interesse an alternativer Medizin –, nahm ich Geigenstunden. Mein Lehrer war ein Musiker, der im Konzertgebäude in Amsterdam Geige spielte. Er wohnte um die Ecke, und ich brauchte nur ein paar Minuten zu laufen, um zum Unterricht zu gehen. Er war ein älterer Mann, und ich bewunderte sein Spiel, aber auch seine Geschichten über sein Leben. Eines Tages erzählte er von einer Orchesterreise nach Amerika, vor vielen Jahren. Er wurde dort krank und musste sich einer kleinen Bauchoperation unterziehen. Er lag in einem Zimmer mit zwei Betten, der Mann neben ihm, war sehr viel kränker. Dann geschah es, dass sein Zimmergenosse die Diagnose eines unheilbaren Darmkrebses bekam. Es wurde ihm gesagt, dass er höchstens noch drei Monate zu leben hätte. Der Mann wurde über dieses kühne Urteil wütend. Er stand aus dem Bett auf, die Männer tauschten ihre Adressen aus, und er verließ das Krankenhaus, während er den Ärzten sagte: Ich nehme dieses Todesurteil von euch nicht an!
Der Musiker kehrte nach Hause zurück, aber zu Weihnachten erhielt er eine Karte seines Zimmergenossen, der darauf geschrieben hatte, dass er noch immer lebte… Und das hielt er durch Jahre hindurch aufrecht – jedes Jahr eine Weihnachtskarte mit der Mitteilung, dass er noch am Leben war.
Es war eine Geschichte, die mir ein erhabenes Gefühl von Hoffnung gab, es gab auch ein Rätsel auf. Ich habe die Geschichte oft unter vielen Umständen erzählt, und es wurde eine Art Lebensführer – wie auch der Spruch von Franziskus. Aber es war auch ein Rätsel – wie kann so etwas geschehen? Man hört schließlich mehrere solcher Geschichten…
Was ist das für eine Krankheit, die das Leben total bedrohen kann und die offenbar auch überwunden werden kann?
Das Wachstum von Tumoren kann als ein Sich-nicht-an-Grenzen-Halten betrachtet werden. Der menschliche Leib hat eine wunderbare Eigenschaft, er kann seine Gewebe erneuern und hat eine Art ‚Wissen‘, wo er mit dem Wachstum aufhören muss. Ein gesunder Leib kennt dieses gesunde Gleichgewicht zwischen Wachstum und Struktur.
In der Pflanzenwelt ist diese Eigenschaft unmittelbar als eine wundersame formende Kraft sichtbar. Ein Blatt wächst, es breitet sich aus, aber an bestimmten Punkten hält es das Wachstum an – und so entsteht die Form des Blattes, charakteristisch für gerade diese Pflanze. Diese formende Kraft finden wir auch im menschlichen Leib. Wir können versuchen, diese Kraft zu erleben, indem wir ‚mit der Pflanze mitwachsen‘. Wir können dann fühlen, wo Ausbreitung ist und wo diese zurückgehalten wird.
Bei Tumoren sehen wir, dass diese Weisheit der Formkraft verloren geht. Das Wachstum geht weiter und immer weiter und ‚vergisst‘, wo angehalten werden muss. Dies ist sowohl bei gutartigen wie auch bei bösartigen Tumoren der Fall.
Bei gutartigen Tumoren vergisst das Gewebe die Grenzen, behält jedoch die normale Zellstruktur.
Bei bösartigen Tumoren geht nicht nur die makroskopische Form verloren, auch die Zellstruktur verliert die Form. Es werden Zellen gebildet, die sich nicht mehr an die Struktur halten, die zu dem betreffenden Gewebe passt. Wenn man bösartiges Zellwachstum unter dem Mikroskop betrachtet, sieht man die Bösartigkeit. Sie sehen schlecht und eigensinnig aus, bleiben nicht in der Ordnung des gesunden Gewebes. Es sieht aus, als ob sie die Herrschaft über den Leib übernehmen wollen, sie wollen der führende Zelltyp werden, und zwar über den ganzen Leib hin. Dadurch jedoch vernichten sie die Gesundheit, und wenn dies nicht behandelt wird, scheint es keinerlei Hoffnung zu geben.
In der regulären Medizin sucht man die Ursache in der DNA. Natürlich weiß man auch, dass es Umgebungseinflüsse und Lebenssituationen gibt, die das Entstehen von Krebs beeinflussen. Aber das genetische Model zeigt, ob eine Person eine Prädisposition hat oder nicht.
Wir wollen der Diskussion hierüber aus dem Weg gehen. Viel wichtiger ist die Frage: Was geschieht nun wirklich, wenn sich das gesunde Gewebe in ein Gewebe des bösartigen Typs verwandelt? Darüber hoffe ich, nächste Woche zu schreiben.
Mistel
Seminar mit Mieke Mosmuller in Hamburg
KREBS UND KULTURWesenheit der Krankheit, Vorbeugung und Heilung
In diesem Seminar wird Mieke Mosmuller ein Versuch wagen, Krebs als Krankheit
geisteswissenschaftlich an zu schauen. Aus dieser Anschauung werden präventive und heilende Übungen erlebbar
22. Samstag & 23. Sonntag Oktober 2016
ZeitSamstag 22 Oktober 2016:
15.00– 16.00 Uhr Vortrag
16.30 -21.00 Uhr Arbeitsgruppe mit Pausen
Sonntag 23 Oktober 2016:
10.00 – 14.00 Uhr. Arbeitsgruppe mit Pausen.
OrtRudolf Steiner Haus, Mittelweg 11-12, Hamburg
InfoInfo: Florian Bauer: E-Mail: info@parzival-antiquariat.de / Tel: 0031 6 52 73 20 74
Info: Joseph Mosmuller: E-Mail:info@occidentverlag.de
Krebs und Kultur Von Mieke Mosmuller