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Persephone und Eros

Persephone und Eros

Von

Mieke Mosmuller

09-07-2014 9 Kommentare Print!
Worauf beruht dieses stolze Selbstgefühl der Individualität? Während die Wissenschaft die Einzigartigkeit auf einen komplexes Ganzes genetischer Information reduziert, hat der lebende Mensch ein Bedürfnis nach Selbstentfaltung und Selbsterleben. Wenn man mit dem selbstständigen Denken bis zu diesem Punkt gekommen ist, bekommt man den Eindruck, dass man mit dem Denken an eine Grenze gekommen ist. Die Evolution der Körper kann bis zu einem gewissen Grade mitgedacht und auch umgedacht werden, wie ich es versucht habe, indem ich über Evolution und Involution, über Entwicklung vom Einfachsten zum Kompliziertesten in Zusammenhang mit einer Verwirklichung des Urbildes des Kompliziertesten, das schon am Anfang da war, nachgedacht habe.

Nun erscheint in dieser Reihe von Gedanken mehr oder weniger unausweichlich die eigensinnige menschliche Individualität, wovon es Milliarden zu geben scheint. Jedes Individuum strebt nach Selbstbestätigung und sucht diese auch in der Vereinigung mit Anderen. In der Rasse, im Volk, in der Nationalität, in der Religion, in der Kirche, in verschiedenen Vereinigungen, im Club, im Fußballverein und so weiter...

Die Menschheit als Ganzes gegenüber einer Vielfalt der Verschiedenheit. Hier kommt das selbstständige Denken an eine Grenze, und an dieser Grenze lässt sich erleben, wie in früheren Zeiten, in denen die Menschheit noch nicht so viel Verstandesentwicklung hatte, jedoch scheinbar stattdessen eine viel größere Weisheit besaß, nicht auf rationale Weise erklärt wurde, worauf diese stolze Selbstsucht beruht. Es wurde in Mythen geschildert, was mit der Menschheit als Einheit geschehen ist, sodass sie eine Ansammlung unzähliger stolzer, sich selbst liebender Individuen geworden ist. (Dass viel mehr über die Individualität gesagt werden kann, ist klar. Hier möchte ich nur einen Aspekt zeigen).

Ich erzähle einen solchen Mythos aus der griechischen Mythologie, ich lese gleichsam aus einem eigenen Werk vor...
“In alten Zeiten hatte die Menschheit die Natur mit derselben Urkraft in sich aufgenommen, mit der sie sich auch sonst genährt hatte. Es hatte noch keinen Unterschied zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten gegeben, keinen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Menschen. Die Natur, Mutter Erde, war wirklich Mutter für den Menschen gewesen, hatte ihn genährt und gelabt mit den Früchten des Feldes, mit den Säften aus den Quellen, den Flüssen, aber auch mit der Schönheit der Farben und Düfte. Der Mensch war eins mit der Mutter, Demeter, gewesen. Im Innern des Menschenkindes ließ sie stets die Gewahrwerdung ihrer Schönheit und ihrer Keuschheit geboren werden – als ihre Tochter Persephone. Sie, Persephone, war die lebendige Erfahrung des Wesens von Mutter Erde. Sie hatte sich selbst noch nie gesehen, und der Mensch ebensowenig. Persephone stickte am Schleier Demeters und schuf dort großartige Bilder, die der Mensch erfahren durfte, sofern er sich nicht von der Selbstliebe verführen ließ.

Doch die Kräfte des Todes wollten von Persephone, von dem Erleben im menschlichen Inneren, Besitz ergreifen. Sie wollten den Menschen aus der göttlichen Einheit, aus der Einheit mit Mutter Natur, aussondern. Nur Abbilder durften im Bewusstsein sein, Abbilder der Natur und von Gott. Sterben sollte die Natur im Bewusstsein des Menschen, Persephone sollte in die Unterwelt, in das Unterbewusstsein entführt werden.

Dazu sandte der Gott der Unterwelt, der niemals lacht, Eros als Verführer, um sie zu verleiten, die Blume der Selbstliebe zu pflücken. Eros sprach verführerische Worte zu Persephone, die sich danach sehnte, die irdischen Rätsel zu ergründen. Demeter hatte sie gewarnt und ermahnt, eifrig weiter am Schleier zu sticken und unter keiner Bedingung eine Blume zu pflücken. Doch Eros erzählte ihr, dass die Blume das irdische Abbild ihres Sternes sei... Persephone fragte nach dem Namen der Blume, und Eros nannte ihr den Namen: Narzisse...


Mit verlockenden Worten, indem er ihr tiefe Einsicht in die unergründliche Erde und in sich selbst versprach, brachte er sie dazu, die Blume zu pflücken.

Oh, welches Unheil überkam da Persephone und damit das innere Erleben des Menschen! Die Kräfte des Schicksals, des Todes, des Verlustes, des Verlangens nahmen vom Inneren des Menschen Besitz...”

Persephone und Eros
Persephone, Akropolis-Museum, AthenPersephone und Eros Von Mieke Mosmuller

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Kommentare
  • Von Sina Jante @
    Nun, aber da ist doch immer noch Eines, ein Dieses oder ein Jenes, ein im-Grunde-beides, und somit doch ein EINES, das genau solchen Mythos noch sehen und erwähnen kann, das "Heil" von "Unheil" unterscheidet. Das weiß also Beides, die Einheit und die Getrenntheit, die Bewusstheit und die Unbewusstheit. Wo steht das dann?
    • Von Mieke Mosmuller @
      Hier (im Mythos) spricht das Eine (das von Einheit und Getrenntheit weiss) die Getrenntheit aus, und ist selbst nicht verschwunden oder vernichtet.
      • Von Sina Jante @
        Ja, eben. Das IST. Und das ist so gesehen auch in allen und jenen, die diesen Mythos glauben. Wobei dieses "glauben" aus meiner Sicht kein dumpfes, unwissendes, bloß hoffendes ist, sondern ein webendes. So wie das Weben der kleinen FABEL bei Novalis in dem Märchen von Eros und Fabel innerhalb des Romanes "Heinrich von Ofterdingen". :-) Vielen Dank.
  • Von Frans Cuijpers @
    Bij lezing van deze tekst, stuit ik op een aantal ogenschijnlijke taalkundige " futiliteiten", doch deze zijn van dien aard dat de redeneer
    Ijn wordt doorbroken. Het betreft: 1. Iets wordt gereduceerd tot een complex geheel ! ( Dat sluit elkaar uit) 2. Min of meer onontkoombaar is een contradictio in terminis. 3. Waar staat dat de mensheid schijnbaar een andere denkwereld had, wordt het tegenovergestelde bedoeld: blijkbaar!
    • Von Mieke Mosmuller @
      Ik moet deze drie punten van kritiek afwijzen. 1. 'Iets' wordt in de betreffende zin niet gereduceerd tot een complex geheel. Complex geheel heeft geen betrekking tot de reductie maar is een predicaat van 'genetische informatie', die een complex geheel is. De reductie bestaat uit het zich beperken tot de genetische informatie, niet uit een zich beperken tot een complex geheel. 2. Onontkoombaar is een woord dat iets aanduidt, en wel, dat er aan iets niet te ontkomen valt. Nu kan men in het denken het onontkoombare bijvoorbeeld over het hoofd (willen) zien. Daarom zeg ik: min of meer, om het in beweging te brengen, dit onontkoombare. 3. Volgens Van Dale heeft schijnbaar in bijwoordelijk gebruik een andere betekenis: 'klaarblijkelijk'. Het gebruik van schijnbaar in deze betekenis is vergelijkbaar met dat van blijkbaar.
  • Von @
    Diese Schilderung des Mythos, liebe Mieke, ist so wunderschön und tief ergreifend, dass die Seele schaudernd erkennt: das bin ja ich!
    Und ebenso schaudernd erkennt sie, dass das Heilvolle, von dem Sina spricht, nur im erneuten und ganz neuen Weben des Schleiers zu erwerben ist von der stolzen Individualität, die so gar keine Lust zum Weben hat. Das Bild ist sehr treffend - so hatte ich die Statue noch nie gesehen. Wir wissen ja, wie das Drama weg-geliebt wurde, und so kann man die vom Stolz befreiende Haltung unter anderem auch in dem richtig verstandenen Rilke Wort "Sein Wachstum ist: der Tiefbesiegte von immer Größerem zu sein" finden. Deine Gedanken-Fäden in all Deinen Werken sind dabei so hilfreich! Vielen Dank, liebe Mieke!
  • Von @
    Zu diesem Mythos gehören auch Orpheus und Eurydike. Orpheus, der Hoffnungsträger einer im aristotelischen Geiste gereiften Ich-Kraft, der mit Eurydike zusammen den Schleier einer neuen Verbundenheit webt. Ich Grüsse Sie mit Respekt vor Ihrer Arbeit der "seelischen Beobachtung" ein Tor offen zu halten. Bernhard Albrecht Hartmann
    • Von Machteld Veenker @
      Und ich danke ihr richt hertzlich, Herr B.A.Hartmann for ihren letzte schönen Satz! Das kan ich nur bestätigen und öffnet bestimmt auchTür und Tor zur Verbindung.
      • Von Bernhard Hartmann @
        Ich werde sehen was sich machen lässt, bei meiner gegenwärtigen noch sehr intensiven Arbeit in Krisenfeldern des sozialen Raumes.