'Von solchen Voraussetzungen ausgehend, erahnt Troxler in dem Menschen, der in der Sinneswelt sich erlebt, einen «höheren Menschen», der diesem zugrunde liegt, und der der übersinnlichen Welt angehört; und er fühlt sich in dieser Meinung im Einklänge mit dem, was Friedrich Schlegel ausgesprochen hat. Und so werden ihm wie schon früher Friedrich Schlegel die höchsten in der Sinneswelt sich offenbarenden Eigenschaften und Betä- tigungen des Menschen zum Ausdrucke von Fähigkeiten des übersinnlichen Menschen.
Indem der Mensch in der Sinneswelt steht, eignet seiner Seele die Glaubenskraft. Doch ist diese eben nur die Offenbarung der übersinnlichen Seele durch den sinnlichen Leib. Im Übersinnlichen liegt der Glaubenskraft eine Fähigkeit der Seele zugrunde, die man — will man sie übersinnlich-bildhaft ausdrücken — ein Gehör des übersinnlichen Menschen nennen muß. Und so ist es mit der Kraft des Hoffens. Ihr liegt ein Sehen des übersinnlichen Menschen zugrunde; der Betätigung in Liebe entspricht im «höheren Menschen» die Fähigkeit, im Geiste zu «tasten», zu berühren, wie der Gefühlssinn in der sinnlichen Welt die Fähigkeit des Tastens ist. Troxler spricht sich darüber in folgender Art aus: «Sehr schön und wahr» hat das Verhältnis des Sinnes- zum Geistesmenschen «unser verewigter Freund, Friedrich Schlegel, ins Licht gesetzt. In seinen Vorlesungen über die Philosophie der Sprache und des Wortes sagt er:
«Will man in jenem Alphabet des Bewußtseins, welches die einzelnen Elemente zu den einzelnen Silben und ganzen Worten hergibt, wieder die ersten Anfänge unserer höheren Erkenntnis finden, nachdem Gott selbst den Schlußstein des höchsten Bewußtseins bildet, so muß das Gefühl des Geistes, als der lebendige Mittelpunkt des gesamten Bewußtseins, und als Vereinigungspunkt mit dem höheren angenommen werden. ... Man pflegt diese Grundgefühle des Ewigen sehr häufig als Glauben, Hoffnung und Liebe zu bezeichnen. ... Sind jene drei Grundgefühle, oder Eigenschaften, oder Zustände im Bewußtsein, als ebenso viele Erkenntnis- und Wahrnehmungs- oder wenn man lieber will, wenigstens Ahnungsorgane des Göttlichen zu betrachten, so darf man sie in dieser Hinsicht, und in Beziehung auf die einem jeden derselben eigentümliche Auffassungsform wohl mit den äußeren Sinnen und Sinneswerkzeugen vergleichen.Da entspricht denn die Liebe in der ersten erregenden Seelenberührung, in der fortwährenden Anziehung, und endlich vollkommenen Vereinigung auffallend dem äußeren Gefühlssinn; der Glaube ist das innere Gehör des Geistes, welches das gegebene Wort einer höheren Mitteilung vereint, auffaßt und in sich bewahrt; die Hoffnung aber ist das Auge, dessen Licht die mit tiefem Verlangen ersehnten Gegenstände schon aus der weiten Ferne erblickt.
Daß nun Troxler über den Sinn, den Schlegel diesen Sätzen gegeben, hinausgeht und durchaus sie in dem Sinne denkt, wie oben angedeutet ist, das zeigen schon die Worte, die er hinzusetzt: «Weit über Verstand und Wille, wie deren Wechselwirkung, weit über Vernunft und Freiheit und ihre Einheit sind diese in einem Bewußtsein von Geist und Herz sich einenden Gemütsideen erhaben, und wie Verstand und Wille, Vernunft und Freiheit und alle unter ihnen liegenden seelischen Fähigkeiten und Vermögen eine erdwärts gewandte Reflexion darstellen, sind diese drei ein himmelwärts gerichtetes Bewußtsein, das von einem wahrhaft göttlichen Lichte erleuchtet wird ... »' (GA 20, S.67/68)
Karl Wilhelm Friedrich Schlegel
Rudolf Steiner über Troxler Von Mieke Mosmuller