Vor langer, langer Zeit las ich in einem Buch aus der Gesamtausgabe eine Passage, die mir den Mut gegeben hat, die Inhalte der Anthroposophie so intensiv und herzlich mitzudenken, dass sie in der eigenen geistigen Tätigkeit zu wachsen und blühen anfangen. Es gibt innerhalb der anthroposophischen Kreise Menschen, die meinen, dass man sich nur an die Worte, die geschrieben stehen, zu halten hat, und nichts selbst darüber hinaus denken darf. Ich suchte die Passage, wusste aber nicht mehr, wo sie stand. Ich habe den Standpunkt zwar nie verlassen, ich habe aber immer den Mut behalten, selbstständig mit- und weiterzudenken. Wieviel Widerstand es auch gab…
Nun studierte ich für das Seminar in Samaya wiederum einmal die Vortragsreihe ‚Okkultes Lesen und Hören‘ und …fand da die Passage, im 4. Vortrag:
‚Ja, das Idealste wäre, wenn das Studium eines solchen Buches, wie die «Theosophie» es ist, so eifrig betrieben würde, daß gar mancher Leser selber aus solchen Andeutungen, wie sie dort gegeben sind, auf so etwas kommen würde, wie es jetzt auseinandergesetzt worden ist. Es liegt Vieles in diesen Büchern drin, und man könnte schon durchaus nur durch eigenes Lesen darauf kommen, wenn man mit dem Herzen, mit dem ganzen inneren seelischen Erleben liest. Aber Bücher, die auf dem Gebiet der Geisteswissenschaft geschrieben sind, die werden in der Regel ja nicht mit der für sie nötigen Aufmerksamkeit gelesen. Das werden sie wirklich nicht, denn sonst hätten, nachdem «Theosophie» und «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» und vielleicht auch noch die «Geheimwissenschaft im Umriß» geschrieben worden sind, alle Zyklen von irgend jemand anderem geschrieben oder gehalten werden können als von mir selber. Es steht im Grunde genommen alles in diesen Büchern drin, man glaubt es nur gewöhnlich nicht. Und wie Vieles könnte erst geschrieben werden, wenn alles herausgeholt würde, was in den vier Mysteriendramen enthalten ist! Ich sage das nicht, um zu renommieren – ich habe schon genügsam über die Demut des Okkultisten, des Geistesforschers gesprochen –, ich sage es, um anzueifern zum wirklichen Lesen dieser Schriften, die gerade in unserer Zeit gegeben werden mußten, und an denen man persönlich eigentlich so wenig wie nur möglich Verdienst hat.‘
Unbeschränktes Weiterdenken der Texte von Rudolf Steiner Von Mieke Mosmuller